Schwimmen statt radeln

Das neue Jahr bot wettertechnisch bisher wenig Abwechslung, dafür jedoch Grautöne in jeder Schattierung und viele Niederschläge, sodass ich nicht traurig war, dass ich dieses Wochenende fast nur im Wasser verbrachte. Nachdem mir bereits zwei Freunde (Jenny und Matthias) begeistert von einem Kraul-Camp erzählt hatten, war ich neugierig und meldete mich kurzerhand an.

Besagtes Kraul-Camp findet regelmäßig (etwa 10x jährlich) im Hotel am Vitalpark in Heilbad Heiligenstadt statt und wird angeboten von H2O-Bloxx. Gründer von H2O-Bloxx und unser Trainer ist Marco Henrichs, der neben seiner Schwimmtrainerausbildung auch Athletik- und Ausdauertrainer sowie Spezialist für Freiwasser- und Langstreckenschwimmen und das Schwimmen im Triathlon ist. Das machte es für mich besonders interessant, da ich mich gerne an längere Distanzen wagen und mich in diesem Jahr erstmalig im Triathlon versuchen möchte. Ganz günstig sollte das Camp nicht werden, denn ich gönnte mir die Übernachtung und Verpflegung im Hotel, um mich voll und ganz auf das Camp konzentrieren zu können.

Freitag reiste ich am späten Nachmittag an und bezog in aller Ruhe mein Zimmer, bevor es um 18 Uhr mit einer Begrüßung los ging. Außer mir waren acht weitere Sportler angereist, zum Teil aus Erfurt, Lüneburg, dem Bückeburger Raum, Süddeutschland und dem Ruhrgebiet. Demnach hatte ich mit 45 km die kürzeste Anreise.

Beim Kennenlernen stellte sich schnell heraus, dass die meisten Teilnehmer bereits mehrjährige Triathlonerfahrung hatten und viele auch regelmäßig am Schwimmtraining im Verein teilnehmen. Auch die aufgerufenen Schwimmzeiten schüchterten mich etwas ein. Trotzdem ging ich möglichst unbefangen in die erste etwa 80-minütige Einheit und stellte schnell fest, dass ein oder zwei Teilnehmer sehr schnell waren und der ein- oder andere eine tolle und saubere Technik hatte, dass ich mich aber keineswegs verstecken musste. Wir starteten mit einem Aufwärmen und einigen Übungen, bevor es an die Sprints und Videoaufnahmen ging. Ich muss gestehen, dass ich im ganzen Trubel vergessen habe, was genau wir am Freitag in welcher Reihenfolge gemacht haben. Bei den Videoaufnahmen nahm Marco uns aus drei Perspektiven auf, um unsere Schwachstellen aufzudecken. Im Sprint nahm Marco die Zeiten auf 25 und 200m. 200m sind für mich in etwas das, was auch ein 800m-Lauf ist. Nichts Halbes und nichts Ganzes. Kein Sprint, aber auch keine Ausdauerdistanz, also ziemlich unangenehm. Trotzdem gab ich alles und war recht zufrieden mit meinen Zeiten.

Auf geht’s!

Gegen 20:30 Uhr gab es endlich im Hotel Abendessen und wir verabschiedeten uns gegen 22 Uhr alle relativ zügig ins Bett. Das Klima unter den Teilnehmern war am ersten Abend – wie soll ich sagen – irgendwie seltsam. Richtige Gespräche kamen nicht auf und als Nicht-Triathlet hatte man das Gefühl irgendwie nicht so ganz ernst genommen zu werden. Meine Rettung war aber Katharina aus Lüneburg (es muss am gemeinsamen Job liegen…), mit der ich mich zum Glück gut unterhalten konnte. Nur saß sie beim Essen irgendwie immer zu weit weg… Die anderen Teilnehmer tauten bis Sonntag größtenteils auch noch etwas auf, sodass die Runde zumindest ein bisschen kommunikativer wurde.

Ich schlief wie ein Stein und wurde am nächsten Morgen wirklich erst um 6.50 Uhr von meinem Wecker geweckt. Noch etwas müde, aber eigentlich ausgeruht schlüpfte ich in meine Klamotten und ging zum ersten kleinen Frühstück, da die erste Trainingseinheit bereits um 8 Uhr begann. Am Vormittag wurden der Front-Quadrant Kraulstil axial (also eher schmal) und schulterbreit, Beinarbeit und Atmung thematisiert und trainiert. Wie bei allen Einheiten wechselten wir lustig durch die Batterie an Materialien: Brett, Kurzflossen und Pullbuoy, lediglich die Paddles nutzten wir nicht.

Atmungsübung am Beckenrand

Nach 90 Minuten Training hatten wir nur kurz Zeit zum Duschen und für ein zweites Frühstück, bevor es um 11 Uhr mit dem Theorieblock weiterging. Diesen hielt Marco kurz. Er ging einmal auf das Thema Superkompensation und Trainingsintensitäten ein und ermahnte uns, wenig im mittleren HF-Bereich zu trainieren, sondern eher in den äußeren Bereichen, also Grundlagenausdauer 1 und Sprintschnelligkeit. Da muss ich wirklich – zumindest gelegentlich – etwas verändern, da ich beim Schwimmen meistens nur im Grundlagenbereich trainiere und beim Radfahren und Laufen immer den zu hohen mittleren Zonen. Echte Sprintübungen mache ich beim Radfahren höchstens indoor, beim Schwimmen mit einer zu geringen Intensität und zu langer Distanz und auch beim Laufen mit zu langen Distanzen. Marcos Tipp: Lieber weniger Schwimm-Sprintintervalle mit maximal 25m, diese aber am Puls- und Frequenzlimit. Hier solle ich mit Abgangszeiten arbeiten. Also beispielsweise alle 50s in den Sprint starten und die verbleibende Zeit zur Regeneration nutzen.

In der Videoanalyse zeigte er uns allen in Zeitlupe unsere Schwachstellen. Meine größten waren definitiv der zu hohe Kopf und der zu lange Arm in der Zug- und Druckphase. Dafür war der Beinschlag gar nicht so übel wie ich immer dachte. Beide Baustellen bekam ich in der Kürze der Zeit natürlich nicht ausgemerzt, aber zumindest weiß ich, woran ich in Zukunft arbeiten kann.

Es folgten einige Stunden Freizeit, die ich dazu nutzte, einzukaufen (Bananen, Kekse und Getränke) und mich bei zwei kurzen Saunagängen etwas zu erholen. Die restliche Zeit verbrachte ich dösend und fernsehguckend auf dem Bett, bevor es um 17 Uhr weiterging.

Das dritte Training war das Forderndste. Marcos Ton wurde kurz etwas schärfer, als vielen von uns am „Pendeln“ beim axialen Kraulen scheiterten. Einige pendelten zu viel und drehten aktiv den Kopf, andere zu wenig und schließlich ging er nach verschiedenen Übungsansätzen zu einer anderen Übung über. Es folgte eine Übung für den Umgang mit (Luft-)Stress. Dazu tauchten wir mit Kurzflossen bis zu Beckenmitte an und durch einen Ring hindurch und kraulten so schnell wie möglich die Bahn zu Ende. Prompt meldete sich bei mir ein Krampf und ich war froh, dass es nur zwei Durchgänge dieser Übung gab. Beim erneuten 25m Sprint verbesserten sich alle Zeiten 8bei mir von 20,02 auf 17,58s ( jeweils beim Wasserstart), was dafür spricht, dass zumindest einige Tipps auf fruchtbaren Boden gefallen waren. Wir übten zwei Varianten des Orientierungsblicks, der im Freiwasser und beim Triathlon wichtig ist. Während man sich beim Wasserballkraul mit kurzen geraden Kraulzügen nach oben drückt, nutzt man bei der anderen Variante den langen Arm, um sich etwas aus dem Wasser zu drücken. Abschließend probierten wir das Schwimmen im Wasserschatten, wobei ich dabei das Feld anführen sollte.

Wasserschatten – alle mir hinterher!

Nach einem opulenten Abendessen ging es recht früh ins Bett. Die Nacht war leider nicht gut. Zunächst konnte ich nicht einschlafen, dann quälten mich gleich drei Alpträume.

Am nächsten Morgen erwachte ich gegen 6.30 Uhr ziemlich gerädert und mit einem leichten Ziehen in den Schultern. Beim Frühstück erfuhr ich, dass es den anderen auch nicht viel besser ging. Wir wussten, dass heute noch zwei Angstgegner auf uns warten. Ein erneutes 200m Schwimmen und die Rollwende.

Wir begannen das Training mit einer Wiederholung und selbstständigem Korrekturschwimmen und kamen recht bald zum Schwerpunkt Freiwasser. Zunächst übten wir die Atmung zur Schulter bei seitlichen Wellen, die wir selbst durch Schwimmbretter am Beckenrand erzeugten. Dann ging es daran, eine Boje schnell, auf kürzestem Weg und ohne dabei viel Geschwindigkeit zu verlieren zum umschwimmen. Anschließend machten wir eine kleine Pause, um anschließend in der 200m-Distanz noch einmal alles zu geben. Die meisten Teilnehmer verbesserten sich, trotz der Vorbelastung. Nur wenige waren so erschöpft, dass sie die 200m nicht ohne Pausen beenden konnte. Ich verbesserte mich um unglaubliche 21 Sekunden (von 3:29 auf 3:08 min!). Darauf war ich ziemlich stolz.

Rollwende

Abschließend übten wir die Rollwende, was bei vielen lustig aussah, da keiner von uns diese Rolle vorher beherrscht hatte. Ich bekam die Rolle zwar hin, aber der Abstand zum Beckenrand passte meistens nicht und ich brauchte beim Abstoßen viel zu viel Zeit zur Orientierung. Aber auch das kann ich zukünftig mal üben. Bis die Rollwende jedoch einen zeitlichen Vorteil gegenüber meiner Kippwende bringt (bei der ich glaube ich recht gut bin) wird es dauern…

Nach vier Einheiten an drei Tagen bin ich nun ziemlich erschöpft und habe soo viel Input bekommen, dass hoffe, zukünftig das ein oder andere umzusetzen. Vielleicht buche ich mir im Sommer oder Herbst noch einmal ein Einzeltraining. Auch diese bietet Marco an, wenn er in Heilbad Heiligenstadt ist.

Gruppenbild

Meinen Schwimmanteil werde ich jedoch zukünftig nicht erhöhen, sondern ihn bei etwas einmal die Woche belassen, sodass sich vermutlich keine sprunghaften Verbesserungen einstellen werden. Jedoch werde ich mehr auf die Techniktipps achten und die Sprints einbauen.

Ich lege ein Training wie dieses jedem ans Herz, der sein Kraulen verbessern möchte. Zwar richtet sich der Kurs auch an Anfänger, ich weiß aber nicht, ob die Frustration nicht etwas hoch wäre. Besser wäre hier vielleicht ein reiner Anfängerkurs oder ein Einzelcoaching.

(Die Bilder am und im Wasser stammen alle von Marco Henrichs.)

Ab ins Wasser – 13.000 m und 520 Bahnen

Es ist kalt, es ist windig, es ist regnerisch, es ist einfach eklig. Ich muss gestehen, dass es mich derzeit viel Überwindung kostet, mich aufs Rad zu setzen. Sportlich aktiv bleiben sollte ich trotzdem, deswegen fahre ich in den letzten Wochen wieder häufiger zum Schwimmen. Dabei fiel mir vor einiger Zeit ein Plakat ins Auge, was sofort meinen Ehrgeiz weckte: 24-Stunden-Schwimmen in Clausthal Zellerfeld. Organisiert von der dortigen Ortsgruppe der DLRG. Der Termin war frei und Kai schnell überzeugt, also meldeten wir uns an – ich für 4-5 Stunden, Kai für 3-4.

Die Regularien lauteten folgendermaßen: Schwimmzeit ist, je nach Anmeldung zwischen Samstag 12 Uhr und Sonntag um 12 Uhr. Jeder schwimmt so lange wie er möchte oder kann. Nach mindestens 55 Minuten Schwimmzeit sind jeweils 5 Minuten Pause erlaubt, schnelles Nippen am Trinken auch zwischendurch.

Da ich noch nie mehr als 4000 m geschwommen war, war es umso schwierig eine Taktik zu entwickeln. Natürlich nahm ich mir vor, das Tempo nicht zu hoch zu wählen und vorher genug Mineralien und Kohlenhydrate zu mir zu nehmen. Einige Tage vorher starteten wir mit dem Carbo-Loading und am Wettkampftag aßen wir reichlich und salzig um Krämpfen vorzubeugen. Startzeit war für uns um 17 Uhr. Wir waren schon früher in der Halle und durften nach kurzer Einweisung auch früher starten. Vorher legten wir un unsere Energieriegel und -Gels bereit und stellten unsere Flaschen an den Beckenrand. In meiner Flasche hatte ich einen Energydrink mit Koffein. Dass das ein Fehler war, stellte ich später noch fest. Dann ging es los. Badekappen auf und los.

Kai schwamm auf einer benachbarten Bahn, ich auf der Außenbahn. Die ersten Bahnen liefen gut. Auf einer abgesperrten Bahn waren wir zunächst zu dritt und organisierten uns untereinander ganz gut, sodass auch Überholen gut funktionierte. Allerdings bemühte ich mich so sehr außen zu schwimmen, dass ich mehrfach beim Kraulen auf die Kunststoffabsperrkette schlug und meine Hand hinterher etwas blau war. Auch die Leiter habe ich einmal kräftig an der scharfkantigen Stufe getreten. Auch nicht sooo schön. Viel schlimmer war aber, dass ich trotz der guten Vorbereitung bereits nach 1500 m einen Krampf bekam. Ich drosselte das Tempo und versuchte mein Bein zu lockern. Bis zur ersten Pause waren es noch 25 Minuten. Kurz dachte ich darüber nach aufzugeben. Beim Lockern merkte ich aber, dass sich der Krampf etwas löste. Der Energydrink verhalf mir, auch noch den Rest der ersten Stunde zu überstehen. In den 5 Minuten Pause setzte sich mich an den Rand und dehne meinen Fuß und meine Wade und schwamm weiter.

Bisher schwamm ich immer im Wechsel zwei Bahnen Kraul, zwei Bahnen Brust, da ich kein besonders ausdauernder Kraulschwimmer bin. Nun waren wir zwei Leute mehr in der Bahn. Ein Pärchen, was zunächst ein wahnsinniges Tempo vorlegte pflügte stetig an mir vorbei und machte das Wasser unruhig. Allerdings erlebte ich hier zum ersten mal, den sogenannten „Wasserschatten“. Ich wusste nicht, dass es den gibt, bemerkte aber, dass ich, sobald ich überholt wurde mich ausgebremst fühlte. Tatsächlich gibt es einen Sog wie beim Windschatten auch im Wasser. Faszinierend. Nach einer weiteren Stunde ließ das Tempo des Paares nach und ich wurde nicht mehr ganz so oft überholt. Langsam wurde es langweilig. Ich setzt mir jedoch Ziele: Minute 30 – Trinken, Minute 55 – Pause. Die Stunde bekam dadurch etwas Struktur und zog sich nicht mehr ganz so lange hin.

Nach drei Stunden beendete Kai seine Schwimmeinheit und ich versprach ihm, nur noch maximal 1:40 h zu schwimmen. Daran hielt ich mich auch fast. Vorher gab es aber noch einen Riegel. Stunde vier ging relativ schnell vorbei und das Paar verließ irgendwann das Wasser, sodass es im Becken wieder etwas leerer wurde. Nach 3:30 h merkte ich, dass der Nacken stärker spannte und die Schultermuskulatur sich meldete. Von da an wechselte ich jede Bahn den Stil. Das Tempo ließ ein bisschen nach, ich war aber total überrascht, dass ich es bis dahin so stabil halten konnte. Die letzte Pause nutzte ich, um die Blase zu leeren und von der Banane abzubeißen.

Auf in die letzten Bahnen. Nach etwa 40 Minuten schlug ich an und teilte meiner Bahnzählerin mit, dass ich aufhöre. Diese schickte mich aber los, noch einmal 50 m dran zu hängen, dass ich die 13.000 m voll mache. Das ging natürlich auch noch.

So beendete ich den Schwimmtag nach 4:42 Stunden total glücklich und stolz. Die Konkurrenz konnte ich überhaupt nicht einschätzen. Eine Bekannte schreib, dass sie vor zwei Jahren über 23 km geschwommen war. Da war ich weit von entfernt. Da alle Teilnehmer zeitversetzt starteten und ich nicht wusste, wie groß das Starterfeld war konnte ich nur beurteilen, was ich in den knapp fünf Stunden beobachtet hatte und hatte entsprechend ein ganz gutes Gefühl. Dieses sollte mich auch nicht trügen. Am nächsten Tag bei der Siegerehrung durfte ich die Urkunde für die „Weiteste Schwimmerin des Oberharzes“ in Händen halten. Kai als Schwimmanfänger (zumindest Anfänger was das Bahnenschwimmen angeht) landete auf einem beachtlichen 8. Platz mit 6150 m in drei Stunden. Da bin ich ja auch ganz schön stolz auf ihn. Aber verratet es nicht weiter.

Wieder stehe ich aber vor dem Problem, welches ich schon im Blogbeitrag „Schwimmen im Standardtempo“ beschrieben habe. Ich schwimme immer einen Schnitt von etwa 2 min/100 m. Egal, ob ein, zwei, vier oder 13 km. Auch dieses Mal lag er bei 2:08 min/100 m. Klar, ein kleines bisschen langsamer war ich, aber das ist definitiv vernachlässigbar. Da müsste doch mit besserer Schwimmtechnik deutlich mehr drin sein. Wer hat da Tipps für mich, meine Pace zu verbessern?

Die Nacht nach dem Schwimmen war der Horror. Gegen 22 Uhr waren wir zu Hause und aßen noch etwas und ich war hundemüde. Wir legten uns hin, aber ich konnte bis 2:30 Uhr absolut nicht einschlafen. Koffein-Energydrinks kommen bei Abendveranstaltungen garantiert nicht mehr in die Flasche! So eine schlechte Nacht hatte ich schon lange nicht mehr….

Zuletzte gilt mein Dank der DLRG Clausthal Zellerfeld, bei der ich schon als Kind oft bei Rettungsschwimm-Wettkämpfen zu Gast war und sogar einige Gesichter wiedererkannte. Die Organisation war toll und es hat riesig Spaß gemacht. Nächstes Jahr kommen wir bestimmt wieder und dann schwimme ich in meinen Geburtstag rein!